Eindrücke zur Ducati Panigale V2, Modell 2020

Lesezeit: ca. 6 Minuten

Im Sommer stand mal wieder eine Motorrad-Tour mit Freunden zum Gardasee an. Ich hatte mir diesmal eine Ducati Panigale V2 (Link mit mehr technischen Details) als Mietmotorrad ausgesucht. Erstens weil ich das als eines der schönsten Motorräder auf dem Markt ansehe und zweitens wollte ich mal wieder eine italienische Maschine fahren.

Ducati Panigale V2
Ansicht rechte Seite der Ducati Panigale V2
Das Design

Und was soll ich sagen…, als ich das Bike beim Ducati-Händler in München abgeholt habe, fand ich, dass die Maschine in Wirklichkeit noch schöner ist wie auf den Bildern im Internet.
Ich bin im Kopf schon mal mein Konto durchgegangen, ob ich mir die Maschine nicht doch leisten könnte.

Da ich schon überlegt hatte, mir die V4 zu mieten, möchte ich hier nur kurz sagen, dass ich ganz froh war, das nicht gemacht zu haben. Diese Flügel an der Verkleidung sind nicht mein Ding und für mich ist die V2 optisch doch schöner wie die V4. Als ich beide Maschinen nebeneinander stehen gesehen habe, gab es für mich nur eine Wahl, die etwas zierlichere Ducati Panigale V2.

Früher hätte ich von der Größe her gesagt, das die V2 in der 600er Klasse ist. Kaum zu glauben, was die Ingenieure und Designer auf diesem kleinen Raum alles an Leistung und Technik untergebracht haben.
Ich hatte ja in einem anderen Beitrag hier im Blog schon mal erwähnt, dass ich die geplanten Auspuffanlagen an Motorrädern etwas fragwürdig empfinde. Allerdings haben es die Designer von Ducati geschafft, den Auspuff optisch noch kleiner und unauffälliger zu machen, wie bei früheren Modellen. Meinen größten Respekt dafür. Das ist schon italienisches Design vom Feinsten.

Auch unser Kater war so begeistert von der Ducati Panigale V2, dass er unaufgefordert Platz genommen hat.

Allerdings will ich gleich hier die Kehrseite des wirklich sehenswerten Designs etwas ausführlicher erwähnen. Die Auspuffführung des hinteren V2-Zylinders entspricht einer Art ‘Heizschlange’ unter dem Fahrersitz. Das mag bei winterlichen Temperaturen durchaus angenehm sein. Aber wer fährt eine Ducati schon im Winter?
Im Sommer, und da speziell im Stop-&-Go Verkehr in einer sommerlich aufgeheizten Innenstadt, war das für mich leider alles andere als lustig. Schon nach kurzer Zeit meinte ich, mit dem Hintern auf einer heißen Herdplatte zu sitzen und ich habe zu meinen Freunden gesagt, dass es sich so ähnlich anfühlt, wie mit ‘hartgekochten Eiern’ in der Motorradhose zu stecken.

Ich frage mich wirklich, wie ein Ducati-Fahrer mit einer noch nicht abgeschlossenen Familienplanung das, im z.B. sommerlichen Rom während des Dauer-Staus in der Innenstadt, handhaben will.
Entweder bin ich ein ‘Weich-Ei’, oder alle anderen Ducati-Fahrer haben einen Weg gefunden, mit der Ducati nicht langsam fahren zu müssen.
Denn tatsächlich merkt man nicht mehr sooo viel von der Hitze, die der Auspuff abstrahlt, wenn man mit mehr als 80 km/h unterwegs ist. Der Fahrtwind kühlt dann zumindest so weit, dass ich nicht mehr dauernd versucht war, im Sattel aufzustehen, um meinen Hintern zu abzukühlen.

Auspuff Ducati Panigale V2

Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass auch die ‘seltsamen’ Lärmschutzbestimmungen in Österreich nicht eingehalten werden, so dass man mit der Panigale V2 nicht mehr ins Tannheimer Tal kommt oder die Passstraße Hahntennjoch fahren kann.

Das Fahrwerk und die Sitzposition

Kommen wir damit zu den schönen Seiten des Fahrens mit der Ducati Panigale V2. Das Fahrwerk ist trotz sportlicher Abstimmung angenehm für Straßen in Mitteleuropa ausgelegt und bügelt kleinere Bodenwellen einigermaßen gut aus, die Bremsen sind Extraklasse und das ganze Motorrad ist in jeder Hinsicht darauf getrimmt, einem das Fahren so sportlich, angenehm und ‘schön’ wie möglich zu machen.
Die Ducati Panigale V2 ist eigentlich nur auf einer Rennstrecke annähernd an ihre Grenzen zu bringen. Und selbst da wahrscheinlich nur von wirklich guten Fahrern.

Bei schneller Fahrt auf der Autobahn liegt die Panigale V2 wie ein ‘Brett’ und vermittelte mir ein ausgeprägtes Sicherheitsgefühl. Das war z.B. bei meiner letzten KTM Leihmaschine nicht unbedingt der Fall.

Aber ich will mit so einer Maschine natürlich nicht auf einer ‘Autobahn rumdüsen’, höchstens als Zubringer zu gut geteerten, kurvigen, möglichst wenig befahrenen Landstraßen… 😉
Auf besagten Landstraßen habe ich mich dann mit der Ducati Panigale V2 so richtig wohl gefühlt. Hier passt alles zusammen und bei jedem Rausbeschleunigen aus einer Kurve zog ein Grinsen über mein Gesicht.

Die Sitzposition und die Sitzbank sind erstaunlicherweise auch für Fahrer wie mich, mit einer Größe von 1,87m, durchaus akzeptabel und ich hatte keine Komplikationen (bis auf die erwähnten Hitzeprobleme), auch bei Tagestouren mit einer Distanz von bis zu 600km.
Das empfinde ich schon als bemerkenswert, gerade weil die Maschine doch sehr sportlich ausgerichtet ist.

Die Schaltung

Der von Ducati verbaute Quickshifter erfüllt seinen Job fast perfekt. Die Gangwechselbefehle werden sehr schnell und wirklich smooth ausgeführt. Der Ducati Quickshifter ist die bisher ausgereifteste Schaltungautomatik, mit der ich bis jetzt Motorrad gefahren bin. Beim Runterschalten wird die Drehzahl nahtlos angepasst und es ist wirklich eine Freude, vor einer Kurve einfach die Gänge runterschalten zu können und zu merken, wie am Hinterrad noch Bremsarbeit geleistet und das Motorrad sehr soft stabilisiert wird, ohne irgendein Ruckeln oder gar ‘Stempeln’.

Warum jetzt nur ‘fast’?
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheint der Quickshifter Probleme in der Höhe zu bekommen. Nur so kann ich mir erklären, warum z.B. während Pass-Fahrten bei mir der Blipper ab und zu etwas hakelig funktioniert hat. Richtig auffällig war das dann am Timmelsjoch.

Schon bei der Auffahrt zum Timmelsjoch habe ich bemerkt, dass die Gänge nicht mehr so sauber und smooth ‘reinflutschten’, wie ich das gewohnt war. Es war aber noch nicht so auffällig, dass ich mir dabei etwas gedacht hätte.
Nach 15 Minuten Pause an der Passhöhe Timmelsjoch bin ich dann aber bei der Abfahrt in der ersten Kurve wirklich ins ‘Rotieren’ gekommen. Es hätte mich fast aus der Kurve getragen, weil kein Gang mehr reingegangen ist. Ich habe das da auch noch nicht so richtig ernst genommen, aber in der zweiten Kurve genau das gleiche Problem.

Es wurde dann ein ziemliches ‘Gewürge’ bis nach Sölden. Ich habe tatsächlich geglaubt, der Schaltautomat ist defekt und habe Schaltvorgänge so weit wie möglich vermieden. Es war auch mit Kupplung fast unmöglich, einen Gang sauber einzulegen. Ich musste den Schalthebel fast mit ‘Tritten bearbeiten’… 😉
Nach einem Tankstopp in Sölden hatte sich das Problem dann aber erledigt und der Quickshifter funktionierte wieder einwandfrei wie vorher.

Nach dem Erlebnis am Timmelsjoch kam mir in den Sinn, dass das Problem eventuell mit der Höhe (= niedriger Luftdruck) zu tun gehabt haben könnte.
Wie gesagt, das ist eine Vermutung von mir und keine definitive Erklärung.

Der Motor

Die Motorcharakteristik der Ducati Panigale V2 ist dafür ein ‘Gedicht’!! Aus untersten Drehzahlen sauber raus beschleunigen, ein Riesenspaß auf der Ducati. Von einem ‘Kettenschlagen’ oder einem Ruckeln in unteren Drehzahlregionen habe ich zumindest bei dieser Maschine nichts bemerkt. Und dann natürlich Leistung ohne Ende im oberen Drehzahlbereich. Vibrationen waren für mich kein Problem. Bei der Motorleistung hatte ich aber auch tatsächlich andere Prioritäten als auf Vibrationen zu achten 😉
Bei entsprechendem ‘Ziehen am Kabel’ beschleunigt die Panigale V2 dermaßen, dass man eigentlich andauernd und praktisch umgehend nach dem Gasgeben das Tempolimit überschritten hat.

Ich bin am Gardasee den Passo Santa Barbara am Monte Velo nach der Abfahrt gleich wieder rauf gefahren, weil das so unglaublich viel Spaß gemacht hat. Wer den Pass kennt, weiß, dass langsame uneinsichtige schmale Kurven vorkommen, bei denen unbedingt auf den Gegenverkehr und auf Radfahrer geachtet werden muss.
Mit dem Motor, der aus jeder Situation sauber hoch beschleunigt, wird so eine Strecke aber zu einem ‘wahren Genuss’.
Für mich kann ich da nur sagen, ‘Freude beim Fahren’ mit der Ducati Panigale V2.
Auch die etwas schnelleren Strecken, z.B. am Monte Baldo, sind traumhaft zu fahren und ich hätte den ganzen Tag die Gegend ‘unsicher’ machen können. Aber es gab ja auch noch weitere Strecken in Venetien, die ich fahren wollte…

Ansicht linke Seite der Ducati Panigale V2
Das Fazit

Ich beschreibe in diesem Blog meine persönlichen Erfahrungen mit der Ducati Panigale V2, welche im Alltagsbetrieb und nicht auf einer Rennstrecke gefahren wurde. Manche ‘Rennfahrer’ schreiben ja, dass die Motorleistung unterhalb von 4.500 U/min zu gering wäre und man den Motor deshalb immer in hohen Drehzahlbereichen halten müsse.
Für eine Fahrweise, wie ich sie mit einem Motorrad auf öffentlichen Landstraßen praktiziere, hat die Leistung, auch im unteren Drehzahlbereich, immer mehr als ausgereicht. Auch irgendwelche Instabilitäten, z.B. beim Herausbeschleunigen aus Kurven, konnte ich nicht feststellen.
Wie gesagt, das mag anders aussehen, wenn es um die ‘letzten Zehntel’ auf einer Rennstrecke geht.

Für mich fällt ein Fazit zweischneidig aus. Die Ducati Panigale V2 ist meines Erachtens ein optischer und technischer Leckerbissen, der aber doch einige, durchaus ernst zu nehmende, Kritikpunkte hat, die ich im Alltagsgebrauch eigentlich nicht haben möchte.
– Einschränkungen beim Fahren (im Moment nur in Österreich) durch die Lautheit der Auspuffanlage
– Zu große Hitzeentwicklung der Auspuffanlage im Langsamfahrbetrieb
– Manchmal hakeliger Schaltautomat

Es kommt mir hier ein Satz in den Sinn, den ich vor vielen Jahren mal im Zusammenhang mit der Elektrik bei italienischen Motorrädern gehört habe. Ich möchte den Satz für die Ducati Panigale V2 etwas abändern in:
“Mamma mia, eine Motorrad musse fahren ‘fantastico’ und musse mache ‘bella figura’, wen interessiere ‘artgekochte Eier?”…

Mir hat die Ducati Panigale V2 wirklich unglaublich viel Spaß bei Fahrten auf kleinen und großen Passstraßen gemacht. Die Fahrleistungen sind meines Erachtens genial.
Und es war für mich immer wieder eine Freude, z.B. beim Sitzen in einem Cafe, den Blick über das Motorrad streifen zu lassen.

Trotzdem habe ich mein Konto jetzt doch nicht geplündert… 😉

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